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Ist Monogamie (der bewusste Verzicht) oder Polygamie (das bewusste Inkaufnehmen von möglicherweise dauerhaft nicht zu handhabender Komplexität) der sinnvollere Ausweg aus dem Beziehungsdilemma?

MoonHee beantwortet hier Fragen des alltäglichen Lebens oder Fragen, die ihr schon immer einmal stellen wolltet. In ihrem ersten Beitrag „Wie geht es dir heute? Danke, gut!“  findet ihr mehr Informationen dazu.

Antwort MoonHee:

Wie heißt es so schön: „Jedem Tierchen sein Pläsierchen.“ Mit dem Bewusstsein einer globalen Welt ist die Welt größer und zugleich kleiner geworden. Die moderne Welt versteht sich einerseits als ein Ganzes, in dem Chancengleichheit und Diversität großgeschrieben werden, und andererseits ist sie, da „everything goes“, in ihren Werten verflacht.  

Offenheit, Toleranz, Vielfalt und Freiheit sind für ein gemeinsames Leben notwendig. Doch falsch verstanden bzw. gar nicht verstanden, arten diese positiven Eigenschaften allzu gerne in Oberflächlichkeit und Unverbindlichkeit aus. Gleichgültigkeit und Langeweile liefern sich mit Ängsten und einem Gefühl von Überforderung und Hilflosigkeit einen Schlagabtausch. Wir mögen informativer, kosmopolitischer, aufgeklärter, emanzipierter und sexuell liberaler geworden sein, doch hauptsächlich zu unseren eigenen Gunsten. Wir finden das gut, was uns gefällt, und treten für das ein, was im Einklang mit unseren Vorstellungen, Bedürfnissen und Interessen steht. Außerhalb meiner Welt ist keine Welt. Mit dieser Einstellung und Haltung leben wir auch Beziehungen. Wir sehnen uns nach Nähe, bleiben innerlich aber distanziert. Wir wünschen uns Geborgenheit und Zärtlichkeit, fürchten uns aber, innerlich weich zu sein. Wir wollen Zuwendung, aber wenden uns dem anderen innerlich nicht wirklich zu.

Polygamie

Liebesbeziehungen, ob feste, freie, Freundschaft plus, monogame oder polyamore, oder andere Beziehungsformen stellen eine Herausforderung dar. Wie wir oben sehen, liegt das Dilemma jedoch nicht in der Beziehung an sich, sondern bei uns. Allzu oft pendeln wir zwischen „ich weiß nicht, was ich will“ und „ich will alles“ hin und her. Eine Beziehung zwischen zwei oder mehreren Menschen ist so gut oder schlecht wie die Beziehung zu uns selbst. Beziehungen basieren zwar auf Wechselseitigkeit, doch fühlen und erleben können wir sie nur von unserem eigenen Standpunkt aus. Konditionierungen, Prägungen, Vorlieben und Abneigungen bestimmen, wo ich stehe und wie ich mit der Welt in Kontakt trete und was ich von ihr erwarte. Da ich ich bin, projiziere ich meine Gefühle, meine Gedanken, meine Vorstellungen und meine Ansichten in ein Gegenüber. Eine Beziehung sowie die Wahl einer bestimmten Beziehungsform spiegeln mich also wider. Im besten Fall erkenne ich das und lerne. Die Lösung des Beziehungsdilemmas liegt nicht darin, dass wir uns in einer Beziehung festbeißen oder sie locker sehen oder sie häufig wechseln oder gar vermeiden. Wir sollten uns lieber fragen, warum tue ich das, was ich tue? Warum will ich das, was ich will? Warum fühle ich das, was ich fühle? Wieso brauche ich das so und nicht anders? Wenn wir das getan haben, sollten wir uns auch fragen, ob der andere Part der Beziehung sich damit wohlfühlt.

Beziehungen sind wie Schuhe. Sie sollten weder zu eng, zu klein noch zu weit oder zu groß sein. Sie sollten einfach passen. Manche mögen es sportlich, andere wiederum elegant; manche mögen flache Absätze, andere wiederum hohe; manche mögen es verspielt, andere wiederum eher schlicht; manche mögen es auffällig, andere wiederum dezent etc. Zu jedem Topf gibt es einen Deckel. Doch Obacht: Wir sollten den Topf erst einmal gut reinigen, bevor wir ihn benutzen, sonst haftet dem Neuen, mit Deckel oder ohne, der alte Geschmack an. Vielleicht können wir den Topf sogar so gut schrubben, dass wir Beziehungen im Allgemeinen nicht als ein Dilemma betrachten, sondern als eine wunderbare Selbsterfahrung, die Erweiterung meines Selbst, in dem der andere, die andere oder die anderen mir ebenso, wie ich mir selbst, wichtig sind. Und zwar so sehr, dass wahre Beziehung beginnen kann.

Weitere Fragen & Antworten von MoonHee Fischer finden Sie hier.

Sie haben eine Frage? Schreiben Sie an m.fischer@ursachewirkung.com

Bilder Teaser und Text© Pexel
Bild Header © Sigurd Döppel 

Dr. phil. MoonHee Fischer

Dr. phil. MoonHee Fischer

„Was eines ist, ist eines. Was nicht eines ist, ist ebenfalls eines.“ (Zhuangzi) Jenseits eines dualistischen Denkens, im Nichtgeist, gibt es weder das Eine noch ein Anderes. Wo das Eine sich von einem Zweiten abgrenzt, ist keine Einheit, sondern Zweiheit. Die Erfah-rung des Einen – ich bin al...
Kommentare  
# Jörg 2023-07-08 08:24
Hallo Frau Dr. Fischer, nachdem ich von meiner Lebensgefährtin verlassen worden bin geht es mir sehr schlecht. Ich komme mit dem „alleine sein“ überhaupt nicht zurecht. Kann mir hier der spirituelle Weg helfen mit dieser Angst umzugehen oder sie sogar zu beseitigten? Vorab schon mal danke für Ihre Antwort.
Vg
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