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Achtsamkeit & Meditation

Eine Ärztin, eine Zen-Lehrerin und ein Psychiater erklären, warum man mit dem Meditieren beginnen soll.

Warum sollte man mit dem Meditieren beginnen?

Martina Aßmann: Die Ausrichtung auf den gegenwärtigen Augenblick erlaubt es uns, mehr mitzubekommen, was gerade passiert. Wir können unsere Perspektive erweitern und auch das wahrnehmen, was jenseits unserer meist negativ verzerrten Voreinstellungen da ist. Wir bekommen einfach mehr mit.

Doris Harder: Man lernt sich und die Welt kennen. Bekommt Einblick in die Natur des Geistes. Das macht ausgeglichener und liebevoller.

Michael Huppertz: Um alltägliche existenzielle Muster wie Sorge, Besitz und Ehrgeiz zu relativieren und empfangsbereiter zu werden für das, was ist, ist Meditation sehr hilfreich. Nichts ist selbstverständlich, und nicht alles ist wichtig.

 

Wie kann eine Meditationsroutine etabliert werden? 

Aßmann: Einfach machen! Man kann kleinste Routinetätigkeiten im Alltag mit Bewusstheit und Verankerung im Gegenwärtigen auffüllen, sodass daraus Rituale werden: kleinere Achtsamkeitsinseln im Alltag.

Harder: Sich immer wieder wünschen und erinnern, das, was als hilfreich erfahren wurde, weiter zu praktizieren.

Huppertz: Indem Sie für Sekunden und Minuten, aber oft meditieren. Meditieren wird dann eher zu einer neuen Gewohnheit, die im Hintergrund wirkt und die Sie bei Gelegenheit ausweiten können.

 

Was wird zum Meditieren benötigt?

Aßmann: Wir können in fast jeder Situation im gegenwärtigen Augenblick präsent sein: wann immer wir warten, uns ärgern, uns freuen oder auch im Gespräch sind. Wir können uns all dessen gewahr werden, was gerade da ist, den Körper spüren und einfach da sein.

Harder: Die einmalige Erfahrung, dass es sich lohnt. Danach braucht man einen sehr starken Wunsch, mehr solche Erfahrungen zu machen, beziehungsweise gutes Durchhaltevermögen.

Huppertz: Ein paar Minuten, in denen Sie kein Problem lösen müssen.

Meditieren 

Bringt Meditation nur Vorteile?

Aßmann: Meditation sensibilisiert. Wir bekommen nicht nur Angenehmes mehr mit, sondern ebenso Unangenehmes. Es kann sehr anstrengend sein, schmerzhaft oder auch überfordernd, manche besonders ungeliebten Gedanken und Gefühle bewusst zu erleben und nicht abzuwehren.

Harder: Ja, wenn man einigermaßen stabil ist. Sonst unbedingt Anleitung und Hilfe von Lehrer und Lehrerinnen in Anspruch nehmen.

Huppertz: Nein, man kann in einige Fallen tappen: Vermeidung von Auseinandersetzungen und notwendigen Veränderungen, Geringschätzung von Vergangenheit und Zukunft, spiritueller Heroismus, Narzissmus und Irrationalität.

 


Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung №. 117: „Meditation"

UW117 Cover


Was hat sich bei Ihnen am stärksten verändert, seit Sie meditieren?

Aßmann: Privat kann ich manchmal Dinge lassen, wie sie sind, auch wenn ich damit nicht einverstanden bin. Beruflich habe ich in den letzten Jahren meinen Arbeitsschwerpunkt aus der Präventionsmedizin in die Therapie verlegt: Ich sehe heute mehr Sinn darin, Menschen in Krisen zu begleiten, statt zu versuchen, Krisen zu verhindern.

Harder: Ich habe gelernt, die Vergänglichkeit zu akzeptieren und den jeweiligen Moment zu schätzen sowie mehr Gelassenheit und Verbundenheit zu fühlen. Ich kann auch besser als früher wieder in meine Mitte zurückkehren, wenn ich sie verloren habe.

Huppertz: Ich fühle mich weniger wichtig und leichter. Und ich wundere mich noch mehr über meine Mitmenschen.

 

Dr. Martina Aßmann ist Ärztin für Arbeitsmedizin und Psychotherapie (Verhaltenstherapie) sowie Zertifizierte Achtsamkeitstrainerin. Als Expertin für betriebliches Gesundheitsmanagement hat sie in ihrer Vergangenheit zur Gesundheitsförderung in Unternehmen beraten, entwickelt und implementiert. Sie hat eine Privatpraxis für achtsamkeitsbasierte Psychotherapie in Hamburg und ist Vorstandsmitglied im MBSR/MBCT Berufsverband der Achtsamkeitslehrenden.

Rev. MyoE Doris Harder ist Zen-Priesterin und Theaterregisseurin. Sie hat zehn Jahre in Klöstern und buddhistischen Zentren gelebt und unterrichtet Zen, Achtsamkeit, Buddhistische Ethik, Koan, Textstudium, meditatives Gehen.

Dr. Michael Huppertz ist Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Studium der Soziologie, Philosophie und Medizin. Arbeitsschwerpunkte: Achtsamkeitsbasierte Psychotherapie und Beratung, Global Mental Health. www.mihuppertz.de 

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Redaktion Ursache\Wirkung

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Hier finden Sie Beiträge, die das Ergebniss einer gemeinsamen Arbeit sind. Die Redaktion von Ursache\Wirkung hat hier zusammengearbeitet und diese Texte gemeinsam realisiert. 
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