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Achtsamkeit & Meditation

Sich ruhig mal überholen lassen, und zwar mit einem Lächeln im Gesicht. Beim Slow Jogging geht es nicht um Geschwindigkeit und Verlassen der Wohlfühlzone, sondern – wie der Name schon sagt – um Entschleunigung und bewusstes Laufen.

Aufrechte Körperhaltung, kleine trippelnde Schritte und ein Lächeln im Gesicht. Begegnet man so jemandem im Park, kann man davon ausgehen, dass diese Person sich gerade dem Slow Jogging widmet. Diese Sportart kommt aus Japan. Sie wurde vom japanischen Sportphysiologen Prof. Dr. Hiroaki Tanaka an der Universität Fukuoka entwickelt. Tanaka schwört auf die Vorteile des langsamen Laufens. Er selbst hat über sechzig Marathons bestritten und ist in Japan ein bekannter Laufguru.

Im deutschen Sprachraum ist „Slow Jogging“ noch recht unbekannt, findet aber langsam immer mehr Anhänger. 2018 erklärten zwar die Medien Slow Jogging zum Fitnesstrend des Jahres, trotzdem ist seitdem nicht viel passiert. Vielleicht liegt es auch daran, dass viele denken, dass nur durch schnelles Laufen Kalorien abgebaut oder ein Runnershigh entstehen kann. Doch genau das ist falsch, meint Lutz Hertel, der selbst Slow-Jogging-Trainer ist und einer der Ersten, der in Deutschland versucht, diese Sportart bekannt zu machen. „Tatsächlich sind für das High körpereigene Cannabinoide – unter anderem das schon gut erforschte Anandamid – verantwortlich. Interessanterweise wird davon am meisten ausgeschüttet, wenn man langsam läuft“, erläutert Hertel und zeigt auch gleich auf, welche Vorteile diese Botenstoffe haben: „Sie wirken angstlösend, antidepressiv, man kommt in einen Zustand angenehmer Zufriedenheit.“ Hertel meint zum Thema Runnershigh weiter: „Das funktioniert beim Gehen gar nicht und bei höheren Intensitäten immer schlechter. Die Idee, schnell beziehungsweise immer schneller laufen zu wollen, verhindert auf physiologischer Ebene die erhofften Glücksgefühle. Heute wissen wir: Slow Jogging ist in vielfacher Hinsicht die belohnendste Art des Laufens.“

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Bild oben © Grzegorz Kołaszewski, Bild unten ® Deutscher Wellness Verband

Weitere Vorteile von Slow Jogging sind, dass es gelenkschonend ist. Trotz der geringen Geschwindigkeit werden Kalorien ausreichend verbraucht. Studien von Dr. Tanaka zeigen, dass doppelt so viel Kalorien abgebaut werden wie beim Gehen und etwa genauso viele wie beim schnellen Laufen der gleichen Strecke. Langsam laufen ist daher genau so effektiv, wie schnelles Laufen. Man ist bei gleicher Strecke lediglich etwas länger unterwegs. Der Deutsche Slow-Jogging-Verband schreibt auf seiner Website: „Slow Jogging eignet sich für alle Menschen, die auch gehen können – besonders für diejenigen, die sich als unsportlich bezeichnen oder die eine Abneigung gegen schnelles Laufen oder Jogging haben.“


Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung №. 119: „Zukunft gestalten"'

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Und wie funktioniert Slow Jogging? 180 Schritte pro Minute etwa werden als ideal bezeichnet. Viele benutzen ein Metronom oder eine spezielle Playlist mit Musik mit 180 Beats pro Minute, um gut in den Takt zu kommen. Die Geschwindigkeit selbst entspricht dem normalen Gehtempo. Dr. Tanaka warnt, dass es möglich ist, dass man beim Slow Jogging von Spazierenden überholt wird. Beim Joggen setzt man normalerweise mit der Ferse zuerst auf. Beim Slow Joggen hingegen berührt der Mittelfuß als Erstes den Boden. Das Aufsetzen des Fußes soll dadurch weicher und gelenkschonender sein. Wenn man noch lachen und sich unterhalten kann, dann stimmt das Tempo. Es wird als „niko-niko-Tempo“ bezeichnet, was so viel wie „Lächel-Geschwindigkeit“ heißt.

Kann jeder langsam laufen? Reicht ein Video, und man beherrscht die Technik? Lutz Hertel rät davon ab: „Ich selbst habe anfangs auch mehrere Fehler bei der Umsetzung der Lauftechnik gemacht, die ich mühsam wieder verlernen musste.“ In Deutschland gibt es derzeit rund 120 ausgebildete Trainerinnen und Trainer, die eine professionelle Einführung geben können. Die Technik muss gekonnt sein, damit Slow Jogging hält, was es verspricht. Ansonsten benötigt man nur noch Schuhe mit dünnen Sohlen, statt den üblichen Laufschuhen mit stark gepolsterten Fersen, denn so ist es leichter, bewusst den Mittelfuß zuerst aufzusetzen. Dann steht dem gemächlichen Laufvergnügen nichts mehr im Wege. Lutz Hertel nennt einen weiteren Grund, sich mit Slow Jogging auseinanderzusetzen: „Der Marathon-Weltmeister Eliud Kipchoge, so wie viele andere Langläufer in der Weltelite, absolvieren ihr Training im Slow-Jogging-Stil. Die Profis laufen absichtlich langsam, um letztlich schneller zu werden.“

Was beim Slow Jogging zu beachten ist:

  • Aufrechter Gang
  • Kinn leicht heben und in die Ferne schauen
  • Rücken gerade halten
  • Langsam laufen
  • Kleine Schritte und hohe Schrittfrequenz
  • Die Schultern sind locker, die Arme bewegen sich ganz natürlich
  • Der Mittelfuß setzt zuerst auf
  • Nicht vom Boden abstoßen
  • Immer lächeln
  • Nicht aus der Puste kommen: Wenn man sich beim Laufen gut unterhalten kann, stimmt das Tempo
  • Natürlich atmen

Hier gehts zur Videoanleitung. 

Wer mehr über Slow Jogging erfahren will: www.slowjogging.de

Bild Header &Teaser © Unsplash 

Ester Platzer

Ester Platzer

Ester Platzer, 1979, lebt in Wien und ist Mitglied der Chefredaktion bei Ursache\Wirkung. Davor lebte und arbeitete sie viele Jahre in Ostafrika. Ester absolvierte ihr Magisterstudium in internationaler Entwicklung an der Universität Wien.
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